Pferdefuhrwerke, soweit das Auge reicht. Die Mähnen zotteln im Takt zum Hufschlag, Maisfelder ziehen vorbei, in der Ferne begrenzen die Karpaten den Horizont. Ein Treck ausgelassener Passagiere in schönen Kleidern auf dem Weg ins Nachbardorf zum Tanz. Es ist der Vorabend zum zwölften transsilvanischen Wanderball auf dem Zabola Estate, einem großen Landgut, eine Autostunde nordöstlich von Brașov, deutsch Kronstadt, ungarisch Brassó, in Transsilvanien. Über 300 Gäste sind gekommen, viele von ihnen kehren seit Jahren immer wieder hierher.
Aber nicht nur Touristen, die eine Pause suchen vom Tempo und Überfluss des Westens, zieht es in die Wildnis Siebenbürgens, mittlerweile engagieren sich in der Region auch einige der reichsten Unternehmer der Welt (und selbst große Luxusmarken wie Cartier) im Naturschutz.
Die rumänische Stiftung „Foundation Conservation Carpathia“, 2009 von zwölf Philanthropen gegründet, hat sich zum Ziel gesetzt, eine bedeutende Fläche im Făgăraș-Gebirge zum größten Wald-Nationalpark Europas zu machen, vergleichbar mit Yellowstone in den USA, um so ein sich selbst erhaltendes Ökosystem zu schaffen, das auch den Klimawandel abmildert. Zum Stiftungsrat gehören u. a. der dänische Milliardär Anders Holch Povlsen und Christof Schenck aus Frankfurt, CEO der Zoologischen Gesellschaft. Zu den Initiatoren: die österreichische Biologin Barbara Promberger und ihr Mann Christoph Promberger. Teil der Stiftung ist auch der Pferdehof „Equus Silvania“, den das Paar gegründet hat. Er liegt westlich von Brașov und ist unsere erste Station in Rumänien. Inzwischen besitzt die Stiftung bereits 27 500 Hektar Wald, hat 150 Angestellte und launchte die Seite travelcarpathia.com, auf der maßgeschneiderte Urlaube in der Wildnis angeboten werden. Etwa 8000 Braunbären leben in den Karpaten.
Auch das Landgut Zabola, unsere zweite Station, bietet „Bear Watching“ an. Der Eigentümer, Gregor Roy Chowdhury aus Graz, arbeitete einige Jahre als Investmentbanker, bevor er 2002 nach Rumänien zog, in das Anwesen, das einst seinen Urgroßeltern gehörte. In den vergangenen Jahren haben er und sein Bruder das Anwesen in ein Hotel mit 35 Zimmern und 60 Angestellten verwandelt. Nicht nur Bären kann man hier beobachten, sondern auch Vögel. Es gibt einen großen Bio-Gemüsegarten, eine Sauna mitten im Wald, ein Spa und Yogastunden. Im Stall stehen 26 Pferde, auf der Koppel springen ihre Fohlen.
Im Jahr 2009 veranstaltete Gregor mit Freunden zum ersten Mal einen Ball in Transsilvanien. Damals noch in Ruinen, mit improvisierten Küchen und auf einer Tanzfläche unter freiem Himmel. Auch im Zabola Estate setzt man auf die Schönheit der Improvisation. In den großen Zimmern herrscht eine nostalgische Eleganz, dazu passen die freistehenden Badewannen, von den Fensterrahmen blättert die Farbe. Immer mehr Gäste haben sich im Garten niedergelassen. Auf dem großen Karpfenteich treibt ein Ruderboot.
Am Abend versammelt sich die Gesellschaft vor dem alten Schloss. Die Männer tragen Smoking und schwarze Anzüge, die Frauen und Mädchen Abendkleider in leuchtenden Farben. Nach dem Empfang schlendern die Gäste in den Ballsaal mit seinen langen Reihen von kerzenbeleuchteten Tischen. Der transsilvanische Wanderball ist kein Provisorium mehr. Aber eines bleibt: der Tanzboden draußen auf der Wiese. Und der Tanz bis spät in die sternenklare Nacht.